Psychotherapie bedeutet, sich mit professioneller Hilfe mit seinen Denkmustern, Gefühlen und damit verbundenen Handlungen auseinanderzusetzen und dadurch eine Veränderung herbeizuführen. Dabei sind mögliche Ziele, Einsichten zu gewinnen, Beschwerlichkeiten zu überwinden, Freude, Wohlbefinden oder Beziehungsqualität zu verbessern. Klientin und Therapeutin bilden dazu eine Allianz und arbeiten gemeinsam an diesen Zielen, Herausforderungen und Entwicklungsaufgaben. Mit den Bezeichnungen Klientin und Therapeutin sprechen wir dabei sowohl Männer, als auch Frauen, als auch die anderen Geschlechter an.
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Mensch-Sein und Psyche
Um zu verstehen, wie Psychotherapie wirkt, ist es anfangs sinnvoll, sich einiger wichtiger Merkmale des Mensch-Seins zu vergegenwärtigen.
1. Wir sind Beziehungswesen
Erstens sind Menschen Beziehungswesen. Wir sind von Geburt an, und auch schon davor, in Beziehung – mit unserer Umwelt, mit Menschen, die uns nahe und wichtig sind. Schließlich ist unsere gesamte Entwicklung und unser Mensch-Sein in Beziehung zu anderen – Menschen und Umwelt.
2. Gefühle organisieren unser Sein
Wir haben Gefühle und nehmen diese auch wahr. Gefühle wie Ängste, Freude, Eifersucht, Neid, Trauer, Liebe, und so weiter, entstehen in der Interaktion zwischen uns und unserer Umwelt. Diese Gefühlszustände wirken einerseits im Körper, sie wirken andererseits auch auf unser Handeln und Tun, somit auch auf unsere Beziehungen und damit auch auf andere Menschen.
3. Wir verstehen und machen Sinn
Weiter suchen wir und machen wir Sinn aus unseren Erfahrungen. Anders gesagt, wir versuchen zu verstehen, was passiert ist, was gerade passiert und was in der Zukunft passieren wird. Somit orientieren wir uns in unserer Welt und in unserem Leben.
4. Wir handeln und gestalten
Basierend auf diesem Verstehen, unserem Orientiert-Sein in der Welt, handeln wir im Rahmen unserer Möglichkeiten, unserer Werte und auch entsprechend unserer Empfindungen. Dadurch können wir Probleme lösen und uns auch die schönen Dinge des Lebens erschließen.
5. Wir lernen und entwickeln uns
Schließlich sind wir, unsere Beziehungen, unsere Gefühle, unser Verstehen und Handeln nichts Gleichbleibendes, sondern ständig in Bewegung und Entwicklung. Hierdurch können wir persönliches Wachstum erfahren und unser Leben sinnhaft gestalten.
Obige Merkmale des Mensch-Seins sind uns in einem bestimmten Augenblick übrigens nur teilweise bewusst. Das bedeutet, dass viele Aspekte unseres Denkens, Fühlens und Handelns unbewusst bleiben.
Insgesamt sind unsere Wahrnehmungen und Gedanken zu Beziehungen, Gefühlen, Verstehen und Handeln, unser Orientiert-Sein in der Welt und unserer Entwicklung, bewusst und unbewusst, das, was wir manchmal Psyche (von griechisch ‚Geist‘) nennen.
Wirkung von Psychotherapie
Nachdem wir uns mit dem Mensch-Sein und der Psyche befasst haben, können wir nun ansatzweise skizzieren, wie Psychotherapie wirkt. Dabei stellen wir jeweils den Bezug zwischen Wirkungsweise und den obig benannten Merkmalen des Mensch-Seins her:
1. Psychotherapie wirkt durch Beziehung
Psychotherapie wirkt aufgrund der Qualität und der Erfahrung der Beziehung oder Allianz, die Klientin und Therapeutin miteinander aufzubauen vermögen. Darüber hinaus ist auch bedeutsam, mit welcher Aufmerksamkeit und Achtsamkeit Klientin und Therapeutin im Rahmen dieser Zusammenarbeit mit Beziehungen umgehen.
2. Gefühle werden bearbeitbar gemacht und können sich verändern
Psychotherapie bietet dabei einen sicheren Rahmen, um auch schwierigen Gefühle und Erlebnissen Raum zu geben. Folglich ermöglicht Therapie, sich mit diesen Erfahrungen und Gefühlen auseinanderzusetzen, diese zu bearbeiten oder zu verarbeiten. Darüber hinaus hilft Psychotherapie bewusst zu machen und zu beeinflussen, wie sich unsere Gefühle und Erfahrungen auf unser Leben auswirken.
3. Einsichten werden gewonnen und Verständnisse erweitert
Psychotherapie hilft dabei, unsere Beziehungen und Umwelten zu verstehen oder dieses Verständnis zu erweitern. Wir können uns zum Beispiel damit auseinandersetzen, wie wir uns für gewöhnlich orientieren oder Sinn machen und was wir dabei über uns selbst denken und glauben. Diese bekannten Sichtweisen und Glaubenssätze können wir dann hinterfragen oder verändern.
4. Handlungsmöglichkeiten werden erweitert und die Selbstwirksamkeit gestärkt
Darüber hinaus können uns durch Psychotherapie unsere Handlungen und Handlungsmuster bewusster werden. Dadurch können Ressourcen wie zum Beispiel Fähigkeiten, Fertigkeiten oder Talente erkannt, benannt und besser genutzt werden. Andererseits lassen sich auch wenig produktive Handlungsweisen erkennen, bewerten und ändern.
5. Wachstum und Entwicklung werden gefördert
Schließlich spielen alle diese Wirkmechanismen in einem Entwicklungsprozess zusammen. Dabei schützt, stützt und fördert die Therapeutin diesen Vorgang auf verschiedenen Ebenen.
Die Wirkung und Wirksamkeit von Psychotherapie ist übrigens empirisch gut abgesichert.
Systemische Psychotherapie und Beratung – unsere Praxis in 1220 Wien
Unsere psychotherapeutische Arbeitsweise ist hauptsächlich systemische Therapie, eine in Österreich gesetzlich anerkannte Therapiemethode. Die systemische Methode und systemische Praxis werden auch in anderen Kontexten wie Beratung, Coaching, Teamentwicklung usw. angewendet. In unserer Praxis in 1220 Wien bieten wir dabei Psychotherapie, Coaching und alle anderen Dienstleistungen in englischer und deutscher Sprache an.
In der systemischen Psychotherapie und Beratung werden Beziehungen, Kommunikation und Sprache, das heißt also alle Formen des Miteinanders, besondere Beachtung geschenkt. Veränderungen und Entwicklungen in der Person und im Miteinander werden dabei als verbunden verstanden. Dementsprechend eröffnet ein Fokus darauf, wie Menschen miteinander umgehen, Dinge zusammen tun und einander beeinflussen bei dieser therapeutischen Arbeitsweise oft neue und nützliche Möglichkeiten. Folglich lassen sich hilfreiche Entwicklungsschritte sowohl auf einer persönlichen Ebene als auch auf einer Beziehungsebene erschließen.
Aufgrund des zuvor Gesagten ist eine systemische Arbeitsweise besonders geeignet, um Probleme in Beziehung zu anderen, zu unserer Lebenssituation und unserer Umwelt zu verstehen und zu verändern. Dadurch wird auch die eigene Situation und die von anderen besser verständlich, was oftmals als sehr nützlich und entlastend erlebt.
Systemische Praxis in unterschiedlichen Settings
Der oben eingeführte systemische Ansatz kommt in verschiedenen Therapie und Beratungssituationen, sogenannten Settings, zur Anwendung:
In der Einzeltherapie hilft ein systemischer Zugang beispielsweise, die Wechselwirkung zwischen dem eigenen Befinden, Denken, Fühlen und Handeln und der Umwelt zu verstehen und zu nutzen. Dabei können sowohl vergangene Beziehungserfahrungen, wie zum Beispiel in der Herkunftsfamilie, als auch gegenwärtige Beziehungsmuster mit Familie, Freunden oder auch im Beruf von Bedeutung sein. Die Arbeitsweise im systemischen Business-Coaching ähnelt übrigens methodisch der Einzeltherapie, alleine ist der Fokus der Arbeit oftmals ein anderer. Hierbei geht es nicht oder jedenfalls nicht vordergründig um individuelle Belastungszustände sondern um das Erreichen bestimmter Ziele. Dazu kann beispielsweise im Business-Coaching auch das Gestalten des Systems an sich im Vordergrund stehen.
Weiter ist die systemische Methode besonders geeignet mit Beziehungen unmittelbar zu arbeiten. In der Familientherapie oder in der Paartherapie und Eheberatung aber auch in der Team-Entwicklung können Menschen miteinander an einem Problem oder Dilemma arbeiten. In diesem Prozess können sie neben der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Thema gleichzeitig auch die Art und Weise entwickeln, wie sie miteinander umgehen wollen. Damit werden Beziehungen in doppelter Weise sichtbar und gestaltbar, einerseits auf der Ebene des Problems und andererseits im Miteinander des Lösungsweges.
Referenzen:
Lambert, M. J. (2013). Outcome in Psychotherapy: The Past and Important Advances. Psychotherapy, 50, 42-51.
Rosian K, Winkler R. (2017) Psychotherapie – Begriffe, Wirkfaktoren und ein deutschsprachiger Ländervergleich zu gesetzlichen Regelungen. LBI-HTA Projektbericht Nr.: 93. Wien: Ludwig Boltzmann Institut für Health Technology Assessment.